Die Wirkung von Kosmetika wird in vielen Werbeversprechen übertrieben. Doch mit unserem Wunsch nach faltenfreier Haut, sind wir bereit, das alles zu glauben. Der Spiegel brachte es in seiner Ausgabe #34/ 2019 sogar auf der Titelseite: „Glatt gelogen“ (1). Doch was können kosmetische Produkte wirklich? Wie sieht das aus mit der Rechtslage und wie kollidiert das mit unseren Erwartungen?
Kosmetikverordnung
Der Gesetzgeber hat es klar definiert. Kosmetisches Mittel sind: „Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, sie in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen.”
Im Gesetz steht damit auch ganz klar: „da darf nichts rein gehen“ (in die Haut und in den Körper). Eine medizinische Wirkung ist also nicht erlaubt. Über die Problematik von Grenzfällen hat sich u.a. auch die GD (Gesellschaft für Dermopharmazie) beschäftigt (2).
Deswegen muss der Hersteller sich darauf konzentrieren, was das Produkt soll: „You are what you claim“. Und das, muss er dann auch nachweisen können.
Werbeversprechen und Claimsupport
Daher sind es die Werbeaussagen auf unseren Produkten, die rechtlich verbindlich sind. Ein Produkt, das auf der Verpackung oder im Werbetext z.B. verspricht „Kurbelt die Zellerneuerung an“ ist definitiv KEIN kosmetisches Mittel (3). Deswegen steht meist etwas drauf wie dieses: „nach 4 Wochen sind Falten unter dem Auge merklich gemildert“. Der Mechanismus, nach dem das Ganze passieren soll, wird meist in einer Story über die Inhaltsstoffe verborgen. So z.B. auf der Website von Eucerin (4), einer Marke des Kosmetikkonzerns Beiersdorf, wo die Wirkung von Vitamin C beschrieben wird: „In einer Studie an menschlichen Hautfibroblasten konnte nachgewiesen werden, dass die Langzeitbehandlung mit Vitamin C über 5 Tage die Synthese von Collagen I und IV signifikant verbessert.“ Hier wird also klar von einem in vitro Test gesprochen und von einer Behandlung mit reinem Vitamin C, nicht einer kosmetischen Zubereitung.
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte
Wir werden also nicht wirklich betrogen oder belogen, wir müssen nur genau hinschauen (5). Und deswegen ist die Bildgestützte Werbeaussage auch etwas ganz wichtiges. Diese werden z.B. von Testinstituten angeboten (6). Dabei ist die optische Faltenmessung eine wichtige Untersuchungsmethode (7).
Abbildung: Faltenreduktion am Auge. Seriöse Anbieter zeigen Bilder eines Vorher-Nachher-Vergleiches. In dieser Aufnahme von Shutterstock kann man gut erkennen, dass das Bild elektronisch bearbeitet wurde, also kein Produkteffekt abgebildet ist. Ähnlich „tricksen“ kann man mit der Weichzeichnerfunktion von Handykameras.
Vor und nach Behandlung werden Bilder gemacht, diese elektronisch ausgewertet, die Faltentiefe bestimmt oder aber auch das Bild für uns Konsumentinnen abgebildet: „Sichtbar gemilderte Fältchen“ steht dann häufig darunter.
Werbeaussagen vor Gericht
Dennoch gibt es Konsumentinnen, die vor Gericht ziehen, weil sie sich betrogen fühlen. Doch die Urteilsbegründung des BGHs legt die Latte echt niedrig: „Gemäß Nr. 3 des Anhangs der die Kosmetik-Verordnung flankierende Verordnung (EG) Nr. 655/2013 müssen Werbeaussagen über kosmetische Mittel (lediglich) durch hinreichend überprüfbare Nachweise belegt werden, wobei neben Sachverständigen Gutachten auch andere Arten von Nachweisen herangezogen werden können, sofern diese Nachweise den Stand der Technik berücksichtigen.“ Sagt das Gericht in der Urteilsbegründung. Die Autorin des Artikels fasst es so zusammen: “das Werben mit nicht wissenschaftlich gesicherten Aussagen ist kein unlauterer Wettbewerb” (8).
Wirkung von Kosmetika – sein wir doch mal ehrlich!
Vitamin C in einer Creme ist also nicht der Grund für die Wirksamkeit eines Produktes, auch wenn es in Laboruntersuchungen die Kollagenneusynthese ankurbelt (9). Dennoch kann die Creme pflegen und schützen, die Haut sich weich und angenehm anfühlen (10).
Und durch die Hautbefeuchtung eines Produktes, werden auch Falten gemildert. Aber warum wollen wir Konsumentinnen dann immer mehr? Wir glauben doch selber nicht an die Versprechungen! Denn wenn Kosmetik so wirksam wäre wie ein Arzneimittel, dann müsste sie auch so getestet werden.
Kosmetik soll hautverträglich sein und der Umwelt nicht schaden, das sind die relevanten Aussagen, die für Konsumentinnen immer wichtiger werden. Und auf diese wollen wir uns natürlich verlassen können. Und natürlich wird auch hier getrickst, wie ein Fall der Firma Ringana im Fall von Nahrungsergänzung und der Aussage „frisch“ zeigt (11).
Ist weniger mehr?
Wir Verbraucherinnen sollten auch ehrlich sein zu uns selbst und nichts von einem kosmetischen Produkt erwarten, was es nicht kann oder nicht darf. Dabei hilft es überhaupt nicht, mehrere Produkte hintereinander aufzutragen. Und ganz viel von dem, was wir verwenden ist zudem auch überflüssig (12).
Referenzen
(1) Spiegel.de: Falsche Versprechen
(2) Gesellschaft für Dermopharmazie: Kosmetische Mittel
(3) Dejayu: Strivectin, kosmetisch oder pharmakologisch wirksam?
(4) Eucerin: Wirkung von Vitamin C gegen Falten
(5) Der Westen: Die Tricks der Werbeindustrie
(6) Schrader Institute: Hautprüfungen
(7) Proderm: Methoden
(8) it-recht-kanzlei: Wirkung kosmetischer Mittel
(9) Pinkmelon: Wirken Anti-Falten Creemes?
(10) Spacamp: Werbeversprechen in der Kosmetikbranche
(11) Lebensmittelklarheit: Ringana und Frische
(12) Dermaviduals: Minimalistische Kosmetik
Bildnachweis
Titelbild und Abbildung von Shutterstock: ID: 1376234165, Urheber: ReaLiia