Anti Pollution Kosmetik, was wirklich dahinter steckt

Unter Anti Pollution Kosmetik findet Google in weniger als einer Minute 380.000 Ergebnisse. Dabei hat er nur auf deutschsprachigen websites geschaut. Anti Pollution Kosmetik ist aber ein weltweiter Trend, der mit immer neuen Produkten bedient wird. Businesswire, ein Nachrichten-Dienstleister schreibt dazu im Oktober 2019: „The market is driven by the increase in airpollution, leading to skincare needs among consumers. Also, the rising demand for organic and natural beauty products is anticipated to boost the growth of the antioxidant cosmetic products market.”  (1)

Trendbarometer – es stinkt

Auch im Trendbarometer im Personal Care Magazine North America wird im März 2020 „we want clean air everywhere“ als einer der wesentlichen Consumertrends aufgegriffen (2).

Online Magazine wie Kosmetifuchs (3) oder utopia (4) widmen sich diesem Trend und betrachten verschiedene Produkte, aber auch etablierte Printmedien (5)  und Frauenmagazine (6). Ja, könntet Ihr sagen, die sind ja von 2018. Da hat unsere Bloggerin aber altes Zeugs ausgegraben. Nicht ganz…

Die Diskussion um Feinstaub und Gesundheit

Vor zwei Jahren diskutierten wir bundesweit über Feinstaub und die NOx Belastung in Großstädten (7). Pendler bangten um Dieselfahrverbote und Wissenschaftler kritisierten die dürftige Datenlage, aufgrund derer politische Entscheidungen getroffen wurden.  

Alles Schnee von gestern? Von wegen!

Die WHO warnt schon seit längerem vor Luftverschmutzung, vor allem vor Feinstaub. Dieser ist, anders als NOx, definitiv schädlich und ein sicherer Grenzwert existiert nicht. Feinstaub ist ein nachgewiesener Auslöser für Atemwegserkrankungen (8). Unter wikipedia findet man eine lange Liste der am meisten verschmutzten Städte dieser Welt (9).

Anti Pollution Kosmetik widmet sich nun vor allem den Schäden, die Feinstaub und Luftverschmutzung auf und in der Haut erzeugen können. Das sind, wen wundert es, vor allem Alterungsrelevante Vorgänge, die durch oxidative Prozesse ausgelöst werden. Schon 2010 beschrieben Vierkötter et al was Feinstaub auf der Haut anrichtet (10). Das geht von Faltenbildung über Verlust der Haut-Elastizität bis hin zu Hyperpigmentierung der Haut Bisher unbekannt ist, wie UV-Strahlung diese Effekte moduliert und, wie Feinstaub auf nicht sichtbare Funktionen der Haut wirkt. Das sind die Barrierefunktion und die Zusammensetzung des Mikrobioms (11). Unzweifelhaft belegt ist dagegen der schädliche Einfluss des Rauchens.

Die urbane Welt als der Kampfplatz der Schönheit

In der Stadt, dem dichten Gedränge wird der Wettkampf der Eitelkeiten ausgetragen und natürlich auf Instagram. Hier versuchen alle Beteiligten ein möglichst makelloses Aussehen zu präsentieren. Das ist aber nicht alles. In den Städten ist auch die Luftverschmutzung höher als in ländlichen Gebieten. Also sollten Pflegerituale und Produkte darauf abgestimmt sein (12). Die großen Kosmetikhersteller setzten dabei aber auf Altbewährtes, vor allem UV Filter, Antioxidantien und Pflanzenextrakte. Also alles in allem nichts Neues (13-16).

Außer, dass es nichts Neues ist, ist es aber ein sehr profitables Geschäft, wie der CEO von L’Oreal in einem Interview 2019 verrät: „Pollution is good for business….“ (17).

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, denn die Kosmetikindustrie hat ja nur auf den Trend reagiert, oder?

Das Problem dabei ist, dass mit der Verwendung dieser Produkte ja nicht die Luftverschmutzung reduziert wird und häufig sogar Gegenteiliges erreicht wird, nämlich mehr Müll. Der dann wieder die Umwelt verschmutzt.

Und eigentlich sind wir hier bei dem wirklichen Problem. Die Gebiete, in denen die Luftverschmutzung am dramatischsten ist, liegen häufig in Schwellenländern oder in der dritten Welt. „Führend” sind hier Indien und China (9). Dort können sich die meisten Menschen  derartige Kosmetika gar nicht leisten. Doch das Problem ist nicht allein auf diese Regionen begrenzt. Die am stärksten mit Feinstaub belastete Stadt in Europa ist Tuzla in Bosnien Herzegowina. Der Grund? Kohlekraftwerke (18, 19).

Wie sollte Anti Pollution Kosmetik denn aussehen?

Eigentlich ist es eine Farce, dass versucht wird mit Kosmetik auf ein Problem zu reagieren, das an anderer Stelle gelöst werden muss und kann. Die Europäische Kommission z.B. stellt dafür einen Atlas zur Verfügung, der die Feinstaubwerte verschiedener Städte abbildet (20).

Weiterhin lösen wir mit Kosmetik ja nur im privilegierten Westen vermeintlich das Problem  und lediglich auf unserer Haut. Und, dass das Problem der Luftverschmutzung tiefer geht als unsere Haut, hat uns eindringlich Covid-19 gezeigt. Denn es korrelieren die schweren Krankheitsverläufe mit dem Grad der Luftverschmutzung (21).

Aber, einige globale Firmen haben schon verstanden, dass es um Gesundheit und um soziale Teilhabe geht. Amore Pacific, Süd Korea, betreibt ein ganzes Forschungszentrum, um den Zusammenhang von Luftverschmutzung und Haut zu untersuchen (22). Noch weiter geht  Johnson & Johnson, USA, mit seiner Initiative, dass nur auf einem gesunden Planeten auch gesunde Menschen leben können (23).

Anti Pollution Kosmetik braucht keiner, saubere Luft brauchen wir alle.

Literatur

(1) Businesswire.com: globaler Antioxidantien Markt
(2) Ppersonalcaremagazine: Consumer Trends 2020
(3) kosmetikfuchs: Anti Pollution Kosmetik
(4)  Utopia: Anti Pollution Kosmetik
(5) sueddeutsche: Was bringt anti pollution Kosmetik?
(6) Brigitte: anti-pollution-kosmetik
(7) Umweltbundesamt: Daten zur Luftqualität der Städte 
(8) WHO: Gesundheitseffekte von Feinstaub.
(9) Wikipedia: Liste der am meisten verschmutzten Städte
(10) Airborne Particle Exposure and Extrinsic Skin Aging Vierkötter, Andrea et al. Journal of Investigative Dermatology, Volume 130, Issue 12, 2719 – 2726 
(11) DejaYu: Das Mikrobiom der Haut
(12) L’Oreal: anti pollution skin care
(13) Nivea: Urban Skin Protect
(14) Environmental defense shampoo
(15) CNAluxury: You against the world: Beauty products that help combat the effects of pollution
(16) Cosmeticsdesign: You against the world: Beauty products that help combat the effects of pollution
(17) Marketwatch: Pollution is good for business
(18) Unmaskmycity: Tuzla
(19) https://www.airclim.org/acidnews/europe%E2%80%99s-biggest-polluters
(20) European Commission: Atlas – urban air quality
(21) theconversation.com: Luftverschmutzung und Covid-19 Fälle
(22) Amore-Pacific: Neuigkeiten
(23) jnj.com: Nachhaltigen Entwicklung – Umweltgesundheit

Bildnachweis

Titelbild von shutterstock ID 301626002, Urheber vvoe: https://www.shutterstock.com/de/g/vvoevale

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