Wirkt Cannabis Öl in der Hautpflege?

Wenn jetzt etwas gerade richtig gehypt wird, dann ist das Cannabis. Früher war es als die Droge der zugedröhnten Hippies verschrieen, jetzt erfährt Cannabis  gerade sein Comeback. Besonders das Cannabis Öl, das Cannabidiol (CBD), einer der Hauptwirkstoffe des Hasch steht im Fokus. Therapeutisch, gesellschaftlich und als Investitionsobjekt. Was kann denn der Hanf eigentlich?

Hanf, cannabis sativa ist ein Superkraut, Teufelszeug, Allheilmittel oder einfach nur Nutzpflanze je nach Blickrichtung. Es ist auf jeden Fall ein wirtschaftlich interessantes Gut, das deutlich mehr Profit abwirft als z.B. Tomaten. Und deswegen auch genau dort kultiviert wird – in Gewächshäusern in Holland und Spanien (1).

Der Hanf (cannabis sativa) und sein Öl

Ein typisches Merkmal von Ölen und Fetten ist ihre Fettsäurezusammensetzung, mittels derer auch ihre Wertigkeit als Nahrungsfette klassifiziert wird.


Abbildung 1: Fettsäurespektrum verschiedener Pflanzenöle,  zusammengestellt aus (2-4). Dabei ist wichtig zu beachten, dass in den Spezifikationen immer Bereiche angegeben werden, denn die Fettssäurezusammensetzung unterliegt natürlichen Schwankungen, die durch Klima, Anbauregion und Sorte beeinflusst werden. Hanfsamenöl enthält dabei bis zu 2% der Stearidonsäure (C18:4), die eine wichtige Funktion im Fettsäurestoffwechsel hat. Sie wird im durch das Enzym delta-6-Desaturase aus α-Linolensäure gebildet. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren α-Linolensäure und γ-Linolensäure kommen in einem Verhältnis von 4:1 bis 6:1 vor (3).

Verglichen mit anderen Ölen hat Hanfsamenöl deutliche Vorteile in ernährungsphysiologischer Hinsicht:

  • Hoher Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren,
  • Verhältnis der Linolsäure : α-Linolensäure = 2,5:1 und entspricht damit einer Diät, die günstig für Herzerkrankungen ist (2, 3)
  • hoher Anteil an Unverseifbarem: Phytosterole und Vitamin E

Der Vitamin E Gehalt, gemessen als  Gesamttocopherol liegt je nach Untersuchung zwischen 22 und 90 mg / 100g. Weizenkeimöl, als der Tocopherol-König enthält 3-10 mal soviel. Der Vorteil von Hanfsamenöl ist der relativ hohe Gehalt an γ-Tocopherolen (5, 6).

Kommerziell erhältliches Hanföl hat eine typisch grün-gelbe Färbung, die durch Chlorophyll hervorgerufen wird. Sein Geruch ist auch eher kräftig und der Geschmack nussig, grasig (7).
Für den Einsatz in der Küche ist es so völlig ok, für den Einsatz in Kosmetika müßte es raffiniert werden, wie andere Öle auch wie z.B. Olivenöl.

CDB Öl und Hanföl – wo liegt der Unterschied?

Hier fängt die Verwirrung um Cannabis Öl an und verschiedene Blogs versuchen, Licht in das Dunkel zu bringen (8-10), damit die Verbraucher wissen, worum es geht und was sie kaufen (sollen).

  1. Hanföl wird aus Samen der Pflanzen Cannabis sativa (industrieller Hanf) gewonnen, in der Regel durch Kaltpressung
  2. CBD Öl wird in der Regel aus Cannabis indicum oder Cannabis ruderalis oder geklonten oder züchterisch veränderten Marijuana Pflanzen gewonnen (medizinisches Marijuana), in der Regel durch CO2 Extraktion
  3. Cannabidiol ist auch zu einem geringen Anteil in industriellem Hanf enthalten, allerdings nur im oberen Drittel der Pflanze.

Im Zuge der gestiegenen Nachfrage nach CBD Öl, stellen sich neue Probleme. Zum Beispiel nach standardisierter Analytik (11), der Auswahl der richtigen Zusammensetzung (12) und Dosierung (13) und nicht zuletzt nach den Anbaubedingungen (14).

Isoliert man Cannabidiol (CBD, fest, löslich in Alkoholen oder aprotischen Lösungsmitteln) oder Tetrahydrocannabiol (THC, flüssig, löslich in Alkoholen oder aprotischen Lösemitteln) kann man diese natürlich auch auf ihre Wirksamkeit bei Hautkrankheiten hin untersuchen (15, 16).

Cannabinoide in der Hautpflege

Wir Menschen scheinen ja dazu zu neigen, erst mal alles auf die Haut zu schmieren. Hanföl bietet sich dabei sogar an, weil es viele essentielle Fettsäuren enthält, die auch für den Aufbau einer intakten epidermalen Lipidbarriere nötig sind. Diese essentiellen Fettsäuren sind auch wirksam in der atopischen Entzündungskaskade als antientzündliche Wirkstoffe.

Für die Wirkung von Cannabis Öl dagegen, sind zwei Rezeptoren verantwortlich: CB1 und CB2. Lange vermutete man, dass CB 1 lediglich im Hirn und in den Nerven ausgebildet wird. An ihn dockt vorzugsweise  THC an, das dann für die euphorisierende Wirkung verantwortlich ist. CB2 findet man in anderen Geweben und das ist der Rezeptor für CBD, das gegen Schmerzen wirkt und entspannt.

Mittlerweise weiß man, dass diese Rezeptoren auch in der Haut vorkommen, beide.


Abbildung 2: Lokalisation der CB1 und CB 2 Rezeptoren in der Haut (17). Sie sind in der Basalschicht der Epidermis lokalisiert, an den Nervensträngen, der Haarwurzel und Talgdrüsen und den Schweißdrüsen.

Zusätzlich zu den Phytocannaboiden und synthetischen gibt es körpereigene Cannabinoide, sogenannte Endocannabinoide. Das Zusammenspiel der Endocannabinoide mit den Rezeptoren wird auch cutanes Endocannaboidsystem genannt. Es normalisiert das Wachstum der Hautzellen, die Sebumproduktion und Hautentzüdungen (18). In verschiedenen Reviews (15, 18, 19) wird der derzeitige Stand der Wissenschaft zusammengefasst. Erste Hinweise gibt es zur Wirksamkeit von Cannabis Öl bei Psoriasis und hyperproliferativen Hautzuständen (20).


Tabelle: Wirksamkeit von Cannabinoiden gegen Hauterkrankungen erstellt aus 18 und 19. Dabei sind unterschiedliche Zelltypen betroffen und die damit verbundene Rezeptoren. Die Wirksamkeit ergibt sich aus Stimulation oder Inhibition der Rezeptoren. Eine genaue Wirkweise der Agonisten und Antagonisten ist Teil der Forschung. Zum Teil sind diese Ergebnisse aus  Zellkultur Untersuchungen. Die Überprüfung der Ergebnisse in vivo ist die Aufgabe zukünftiger Versuche.

So viel zur Theorie:  Wie sehen die Cannabis Öl – Produkte aus?

Applikation von Hanföl: Fettig, ölig, mit sehr typischem Geruch, der aber schnell verfliegt.

CBD Öl Limucan: Fettig, Ölig, dunkel grünes Öl, sehr starker grasiger Geruch, der lange bestehen bleibt.

CBD Öl: Royal Queen Seeds: Ölig, hellgelbes Öl,  leicht grasiger Geruch, der schnell verfliegt.

Für eine Wirksamkeitsuntersuchung ist ein einmaliger Auftrag natürlich völlig ungeeignet. Hier demonstriere ich lediglich, dass es geht und womit man rechnen muss.

Cannabis Öl als industrieller Faktor

Das größte Hanfanbauland in Europa ist Frankreich, gefolgt mit Abstand von Estland, Italien, den Niederlanden und Litauen.


Abbildung 3: Anbau von industriellem Hanf in Europa, Quelle: http://eiha.org/media/2019/01/19-01-14-Hemp-Cultivation-Area-in-the-EU-2017.png . Insgesamt steigen die Anbaumengen stark an, was die Nachfrage an kulinarischen und medizinischen Hanfprodukten wiederspiegelt. Bisher wurden Hanfprodukte überwiegend in der Automobilbranche verwendet. (21)

In industriellem Hanf ist der THC-Gehalt stark reglementiert und darf nicht über 0,2% im Öl betragen. Doch nun soll auch der Anbau medizinischen Hanfs (Marijuana) in Deutschland erlaubt werden (22). Allerdings, hier wie in den USA tut sich der Gesetzgeber schwer, zum einen mit der Legalisierung von CBD Öl als auch dem Anbau von medizinischem Hanf. Die European Industrial Hemp Association (23) beklagt dabei, dass die WHO zur Freigabe von CBD Extrakten strengere Kriterien anlegt, als bei Opium (24). Auf der anderen Seite werden die entgangenen Einnahmen (für den Gesetzgeber?) beklagt, wenn illegale Hanfplantagen hochgenommen werden(25) oder geschmuggelt wird (26).

Ökonomische und ökologische Vorteile von Cannabis

Cannabis ist eine Kulturpflanze, die vor etwa 4000 Jahren schon in China angebaut wurde und sich dann sukzessive nach Westen verbreitete. Der Hanf wurde Mitte des 20. Jahrhunderts fast vollständig durch Baumwolle und Plastik verdrängt und durch die Klassifikation als Rauschmittel (27).

Jetzt ist er der Notnagel für US amerikanische Farmer, die unter den Export-Zöllen nach China leiden und kein Soja mehr exportieren können, sie bauen jetzt Hanf an (28, 29). Der Anbau von medizinischem Cannabis  ist seit 2018 auch in den USA legalisiert.

Weiterhin ist der Anbau von Cannabis aber ein Segen für die Böden (30)und sein Anbau aus ökologischer Sicht sinnvoll (31, 32).

Mein Fazit zu Cannabis Öl in der Hautpflege

Hanfsamenöl als traditionelles Öl hat unbestreitbare Vorteile in der Hautpflege, ist aber in Kosmetika nicht einfach zu formulieren, da aufgrund der hohen Anteile mehrfach ungesättigter Fettsäuren zusätzlich Antioxidantien hinzugegeben werden müssen. Als Nahrungsmittel ist es ohne Frage empfehlenswert.

Cannabis Öle werden sich in der Hautpflege und der Behandlung von Hautkrankheiten erst noch beweisen müssen, auch wenn erste Hinweise dazu schon ganz vielversprechend sind (15, 18, 19, 20).
Unbekannt ist derzeit, wie sich die unterschiedlichen Cannabinoide verstärken oder abschwächen. Der Beitrag, der im Cannabis enthaltenen Terpene dazu ist gerade mal exemplarisch untersucht. So verstärken  viele Terpene synergistisch die Wirkung von Phytocannabinoiden. Umgekehrt verstärken Cannabinoide auch die Wirkung von Terpenen (33). Beschrieben ist das für die Behandlung von neuronalen Erkrankungen (34) und bei anderen pharmakologischen Eigenschaften von Cannabis (35).

Für mich heißt das, dass sehr wahrscheinlich nicht DER eine Inhaltsstoff aus Cannabis isoliert werden kann und dann wirksam ist, sondern vermutlich die Mischung der natürlich vorkommenden Phytocannabinoide mit Terpenen. Ein Umdenken mit dem Umgang von THC schließt das mit ein.

Während CBD auch bald in höheren Dosen frei verkäuflich sein wird, wird das für die anderen Inhaltsstoffe von Cannabis vermutlich noch dauern. Denn ein Mittel, das vergleichsweise günstig herzustellen ist, wenig Nebenwirkungen hat, ökologisch sinnvoll ist und viel Profit verspricht, hat mehr als einen Feind. Allen voran aber die Pharmaindustrie. Und so wundern Veröffentlichungen über Geisteskrankheiten (36) oder Cannabis Use Disorders (37) auch nicht. Seltsam finde ich, dass Alkohol dabei überhaupt nicht erwähnt wird.

Referenzen

(1) Zeit: Import von Medizinalhanf
(2) Fatty Acids Composition of Vegetable Oils and Its Contribution to Dietary Energy Intake and Dependence of Cardiovascular Mortality on Dietary Intake of Fatty Acids
(3) Sanabio: Spezifikation Hanfsamenöl
(4) Impolankasvitila: Hempseedoil
(5) Physicochemical studies of hemp (Cannabis sativa) seed oil using enzyme‐assisted cold‐pressing
(6) Analysis of Chemical Compositions of 15 Different Cold-Pressed Oils Produced in Turkey: A Case Study of Tocopherol and Fatty Acid Analysis
(7) How to Choose Your Culinary Oil – Sensory and Analytical Characteristics of Hempseed Oil
(8) Zatural: Hanföl und CBD Öl
(9) Royal Queen Seeds: Unterschied Hanföl CBD ÖL
(10) Honestmarijuana: Hanf- und CBD-Öl
(11) The Cannabinoid Content of Legal Cannabis in Washington State Varies Systematically Across Testing Facilities and Popular Consumer Products
(12) Medical Cannabinoids: CBD für die Medizin
(13) cbdoilreview: Dosage CBD
(14) Cannabis sativa: Cultivation and quality
(15) skintherapyletter: Potential of Cannabinoids in Dermatology
(16) Topical Cannabinoids in Dermatology
(17) phytecs: Endocannabinoid System der Haut
(18) The endocannabinoid system of the skin in health and disease:novel perspectives and therapeutic opportunities
(19) Cannabinoids in dermatology: a scoping review
(20) Cannabinoids inhibit human keratinocyte proliferation through a non-CB1/CB2 mechanism and have a potential therapeutic value in the treatment of psoriasis
(21) EIHA: Industrieller Hanf in Europa 2016
(22) RP Online: Cannabisanbau in Deutschland
(23) European Industrial Hemp Association
(24) EIHA: Pressemitteilung 2018
(25) Yield and turnover of illicit indoor cannabis (Cannabis spp.) plantations in Belgium
(26) Marijuana Price Gradients: Implications for Exports and Export-Generated Tax Revenue for California After Legalization
(27) Wikipedia: Nutzhanf
(28) Forbes: Legan hemp boon for farmers
(29) QZ: CBD Öl from industrial hemp legalized
(30) Hemp (Cannabis sativa L.) leaf photosynthesis in relation to nitrogen content and temperature: implications for hemp as a bio‐economically sustainable crop
(31) UKY: Hempproduction
(32) Forbes: Hemp win-win
(33) Taming THC: potential cannabis synergy and phytocannabinoid-terpenoid entourage effects
(34) Structure-Activity Relationship of Cannabis Derived Compounds for the Treatment of Neuronal Activity-Related Diseases
(35) The pharmaccological properties of cannabis
(36) Imprimis: Marijuana – mental illness
(37) UTexas: Cannabis use disorders

Bildnachweis

Abbildung 2: http://www.phytecs.com/tour-the-ecs/the-ecs-in-skin/, Artwork by John Karapelou. Text by Phytecs.
Abbildung 3: http://eiha.org/media/2019/01/19-01-14-Hemp-Cultivation-Area-in-the-EU-2017.png mit freundlicher Genehmigung der European Industrial Hemp Association
Alle anderen Abbildungen und Tabellen sind eigene Werke, Nutzung unter der Creative Commons Lizenz CC BY-SA 3.0

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  1. Es ist ganz klar, dass die Natur weitaus mehr zu bieten hat, als reine Ernährung. Viele Produkte helfen der gesundheitlichen Verbesserung und dieser Blog zeigt, welche Möglichkeiten bestehen. Sehr informativ und übersichtlich. Über Hanf werden wir in Zukunft sicherlich noch mehr hören und lesen.