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Aloe Vera – Blätter mit wirksamem Gel

Aloe Vera ist einer der kosmetischen Inhaltsstoffe, bei dem die meisten von seiner Wirksamkeit  überzeugt sind. Neulich lagen im Bioladen komplette Blätter im Angebot. Für 2,99 Euro erstand ich eines und habe es mal untersucht.

Abb.1: Das Aloe Vera Blatt aus dem Bio Markt, es ist ziemlich lang und dick, an der Außenseite sitzen Stacheln

Die Fakten zu Aloe Vera

Die Pflanze stammt von der arabischen Halbinsel und wächst weltweit in tropischen, subtropsichen und ariden Klimagebieten (1).  Sie gehört zu den Sukkulenten und ist damit eine immergrüne Pflanze, die auch als Topfpflanze zu Hause überlebt (2). Für die Kosmetik verwendet wird die Spezies Aloe Vera Barbardensis, Variante Miller.

Für den Einsatz in der Kosmetik wird natürlich nicht das komplette Blatt verwendet, sondern nur das Innere, das Gel. Dieses wird mechanisch herausgelöst und dann weiter verarbeitet (3, 4). Es kommt dann als „Saft“, Gel oder in getrockneter Form in den Handel. Hier wird auch eine lange Haltbarkeit für kosmetische oder pharmazeutische Zwecke garantiert.

Abb.2: Aloe Vera Gel aus meinem Blatt heraus geschnitten. Im Internet gibt es etliche Tutorials, wie man es selber präpariert. Ich habe eine Scheibe abgeschnitten und geschält. Wichtig finde ich dabei, auf die Haltbarkeit des gewonnenen Gels zu achten, denn es verdirbt wie alle anderen Gemüse- oder Obstsorten.

Die sagenhafte Wirksamkeit

Aloe Vera gehört zu den „heiligen Pflanzen“, denen in vielen Bereichen eine Wirksamkeit zugeschrieben wird. Sie wird in etlichen traditionellen Heilmethoden verwendet, sowohl in der islamischen als auch chinesischen Medizin. Sie gehört demnach  zu den „trockenen“ Wirkstoffen, die ein Zuviel an Flüssigkeit neutralisieren. Vieles ist dazu publiziert, einiges hat überwiegend anekdotischen Charakter (5, 6).

Aloe Vera wirkt danach antibakteriell und antiviral, anti-entzündlich und antioxidativ, protektiv für die Leber und den Gastrointestinaltrakt und soll wirksam sein gegen Diabetes und Krebs. Es wirkt positiv auf die oberen Atemwege, das zentrale und periphere Nervensystem, die Haut, Gelenke und Haare (7).

Bei vielen derartiger Angaben wird nicht unterschieden, wie die Pflanze angewendet und vor allem welcher Teil des Blattes genommen wurde.  Einige der Heilsversprechen würde ich also sehr kritisch betrachten.

Die wirksamen Inhaltsstoffe

Die wichtigsten Inhaltsstoffe des Aloe Vera Gels sind: Heteropolysaccharide aus Mannose, Glucose und Galactose sogenannte Hemicellulosen, weiterhin Glucose, Mannose, Galactose,  Xylose, wasserlösliche Vitamine, Aminosäuren, Amylase, alkalische Phosphatase, Lipase, Salicylsäure  (8). Dabei sind die Mannane besonders stark vertreten, insbesondere Acetyl-Mannan, dem eine ausnehmend gute Wirksamkeit zugeschrieben wird (9).


Abb. 3: Acemannan, Quelle: (10) Diese ist hier die typische Rückgratstruktur von Polymannanen mit einer Acetyl-Veresterung. Üblicherweise sind in Pflanzen Glucomannane vertreten, bei denen im Gerüst Mannose und Glucose abwechselnd verestert sind. Diese Bindung ist typischerweise eine ß-(1,4) glycosidische Bindung.

Abb. 4: Glucomannan wie es im Aloe Vera Gel enthalten ist, adaptiert aus (11-13). Es wird ebenfalls Acemannan genannt. Das Mannan (blau)-Glucose (grün) -Rückgrat ist über ß-(1,4) glycosidische Verbindungen verknüpft. Dabei sind alle Mannan-Reste  mit mindestens einem Acetylrest (rot) verestert und vereinzelt mit Galactose (türkis) über eine a-(1,6) glycosidische Verbindung verknüpft (11).

Alle wissenschaftlichen Autoren sind sich jedoch einig, dass es wohl nicht DAS Schlüsselmolekül der Aloe gibt. Sie nehmen vielmehr an, dass die spezifische Zusammensetzung eine synergistische Wirkung hat.  Dennoch gelten die Polysaccharide als die aktiven Inhaltsstoffe und haben eine erwiesenermaßen antibakterielle und wundheilungsfördernde Wirkung. Deswegen werde Pflanzen-Polysaccharide insgesamt intensiv erforscht. Das Acemannan des Aloe Vera Gels enthält 84,9% Mannose, 7,2% Glucose und 3,9% Galaktose (11).

Als weitere wichtige Inhaltsstoffe werden immer wieder die Anthrachinone beschrieben (14). Dazu gehören Aloin, Emodin, Rhein und andere. Besonders den Aloinen werden gute protektive Eigenschaften zugeschrieben wie antioxidativ, antientzündlich aber auch hilfreich gegen Krebs. Sie kommen weit überwiegend in dem grünen Blatt vor und sind nur, wenn überhaupt, in Spuren im Gel zu finden. Allerdings können diese Anthrachinone bei unsachgemäßem Schälen auf das Gel übertragen werden (15).

Diese Anthrachinone aus der grünen Blatthülle wirken stark laxativ, heißt abführend. Und das kann schon mal recht unangenehm werden.

Abb. 5: Die drei wichtigen Blattbereiche der Aloe Vera. A: Äußere Schicht oder auch Epidermis, B: Latexschicht, C: Gel. Beim Schälen muss darauf geachtet werden, die Bereiche A und B vollständig zu entfernen

Aloe Vera in der Hautpflege und was man mit so einem Blatt machen kann

Aloe Vera Gel hat seit über 20 Jahren einen festen Platz in der Kosmetik. Dabei geht das Wirkspektrum weit über eine Hautbefeuchtung (16) hinaus. Besonders wirksam ist Aloe Vera Gel bei  bestimmten Hauterkrankungen wie Psoriasis und seborrhoischer Dermatitis. Es wirkt günstig bei der Wundheilung und soll auch bei Akne helfen.  Eine medizinisch abgesicherte Wirkung allerdings ist nicht  immer gegeben (17).  

Auch werden bei den in vitro und in vivo Untersuchungen zur Wirksamkeit von Aloe Vera Gel häufig widersprüchliche Ergebnisse erhalten. Dieses erklären die Forscher unter anderem damit, dass
–  Pflanzen unterschiedlicher Herkunft verwendet wurde
– die Polysaccharidgehalte mit der Erntezeit und dem Alter der Pflanzen variieren (18) und zudem durch die Aufarbeitung (Erhitzen) verändert werden können (11)
– es keine „vernünftige“ Standardisierungsmethode gibt (8)
– die Testprotokolle nicht einheitlich sind (7).

Abb.6: Aloe Vera wird sowohl in der Kosmetik als auch als Lebensmittel verwendet. Natürlich hat sie auch pharmazeutischen Nutzen. Das Gel wirkt auf der Haut kühlend, reduziert Juckreiz und Spannungsgefühl.

Besonders interessant finde ich den Aspekt des Hautmikrobioms und den möglichen Einfluss des Gels darauf. Damit ließe sich eine Wirkung bei der Wundheilung und bei Akne erklären (19), denn der Einfluss von Polysacchariden auf Bakterien ist erwiesen (9).  Dennoch wird in vielen Reviews bemängelt, dass trotz guter kosmetischer und zum Teil medizinischer Erfolge, das Gel immer noch nicht sinnvoll standardisiert wird. Auch unterscheiden sich die Anwendungsprotokolle häufig und manchmal wird einfach schlecht gearbeitet und es werden keine statistisch relevanten Daten erhoben. Damit sind Untersuchungen häufig nicht reproduzierbar (7).

Obwohl es Untersuchungen zur Standardisierung von Aloe Vera Gel gibt (20), ist die fehlende Standardisierung bei der Qualitätssicherung und Pharmakologie sogar durch die WHO verbrieft (21).  

Es spricht also viel dafür, ein Blatt nur zu experimentellem Spaß zu verwenden und für Wirksamkeitsuntersuchungen ein  qualitativ hochwertiges aufgearbeitetes Produkt.

Aloe Vera ein Life-Style Produkt?

Auch wenn mein Bio Markt darauf hinweist, das Blatt bzw. Gel nicht zu verzehren, ist es genau das, was in der life-style Küche gemacht wird. Aloe Vera Gel wird zu Smoothies und anderem verarbeitet und soll sich günstig auf Magen, Darm und Blutzuckerspiegel auswirken (22). (Aber das macht Hafer übrigens auch…)

Da bleiben Warnungen vor dem Verzehr von Aloe natürlich nicht aus. Die Deutsche Apotheker Zeitung  warnt sogar vor selbstgemachten Aloe Vera Gelen (23) und das BfR warnt vor den Anthrachinonen (24). Diese sollen zwar zum einen gegen Krebs wirksam sein, auf der anderen Seite aber ein genotoxisches und canzerogenes Potential haben.

Ich denke aber, solange man bei der Zubereitung sorgfältig und sauber arbeitet und alles frisch verzehrt, ist die Gefahr gering. Bei der Verwendung auf der Haut gilt natürlich das gleiche. Allerdings sehe ich die Vorteile von Aloe Vera Gel eher in der Hautpflege als Nahrungsmittel.

Aber, mit 3€ seid ihr dabei und könnt selber probieren, was das Blatt so alles kann.

Literatur

(1) Wikipedia: Aloe Vera
(2) Rühlemann’s: Aloe Vera Pflanze
(3) Worlee: worleealoe
(4) www.ganzwunderbar.com: Naturkosmetik aus Aloe
(5) Akaberi M, Sobhani Z, Javadi B, Sahebkar A, Emami SA, Therapeutic effects of Aloe spp. in traditional and modern medicine: A review, Biomedicine & Pharmacotherapy, 84, 759-772 (2016) https://doi.org/10.1016/j.biopha.2016.09.096.
(6) Radha MH, Laxmipriya NP, Evaluation of biological properties and clinical effectiveness of Aloe vera: A systematic review, Journal of Traditional and Complementary Medicine, 5:1, 21-26 (2015) https://doi.org/10.1016/j.jtcme.2014.10.006.
(7)Vogler BK, Ernst E, Aloe Vera: a systematic review of its clinical effectiveness, British Journal of General Practice, 49 (447), 823-828 (1999). https://bjgp.org/content/49/447/823.short
(8) Hamman JH, Composition and Applications of Aloe vera Leaf Gel, Molecules  13, 1599-1616 (2008). https://www.mdpi.com/1420-3049/13/8/1599
(9) Reynolds T, Dweck AC, Aloe vera leaf gel: a review update, Journal of Ethnopharmacology 68:1-3, 3-37 (1999). https://doi.org/10.1016/S0378-8741(99)00085-9.
(10) Wikipedia: Acemannan
(11) Liu C, Cui Y, Pi  F, Cheng Y, Guo  Y, Qian H, Extraction, Purification, Structural Characteristics, Biological Activities and Pharmacological Applications of Acemannan, a Polysaccharide from Aloe vera: A Review. Molecules  24 (8), 1554 (2019). https://doi.org/10.3390/molecules24081554
(12) Moreira LRS, Filho EXF, An overview of mannan structure and mannan-degrading enzyme systems,  Appl Microbiol Biotechnol  79, 165–178 (2008).
https://doi.org/10.1007/s00253-008-1423-4
(13) Deshavath NN, Veeranki VD,  Goud VV, Chapter 1 – Lignocellulosic feedstocks for the production of bioethanol: availability, structure, and composition, Sustainable Bioenergy, Eds: Rai M, Ingle AP, Elsevier, 1-19, (2019).
https://doi.org/10.1016/B978-0-12-817654-2.00001-0.
(14) Lucini L, Pellizzoni M, Molinari GP,  Franchi F,  Aloe Anthraquinones against Cancer, Medicinal and Aromatic Plant Science and Biotechnology, 20-24 (2012). https://www.semanticscholar.org/paper/Aloe-Anthraquinones-against-Cancer-Lucini-Pellizzoni/a1920739abe3dde2d37e0a7b25ecdd65b63b2e39
(15) Untersuchungsamt: Verzehr von Aloe Vera
(16) DejaYu: Kosmetische Hauttypen
(17) Pharmazeutische Zeitung: Wirksamkeit von Aloe
(18) Ahl LI, Al-Husseini N, Al-Helle S, Staerk D, Grace OM, Willats WGT, Mravec J, Jørgensen B, Rønsted N, Detection of Seasonal Variation in Aloe Polysaccharides Using Carbohydrate Detecting Microarrays, Frontiers in Plant Science 10, 512 (2019). https://www.frontiersin.org/article/10.3389/fpls.2019.00512
(19) DejaYu: Das Mikrobiom der Haut
(20) Patel DK, Patel K, Dhanabal SP, Phytochemical standardization of Aloe vera extract by HPTLC techniques, Journal of Acute Disease 1:1, 47-50 (2012).
https://doi.org/10.1016/S2221-6189(13)60011-6
(21) WHO: Aloe Vera
(22) www.naturalhealers.com: Ultimate Guide to Aloe Vera
(23) DAZ: Ökotest checkt Aloe Vera Gele.
(24) BfR: Aloe

Weiterführende links

https://www.lanzaloe.com/de/blog/las-mentiras-de-la-industria-del-aloe-vera.html

https://www.pharmos-natur.de/de/startseite

Bildnachweis

Abbildung 3 aus wikipedia (11)

Abbildung 4 habe ich aus Abbildungen der Literaturstellen 11-13 zusammen gestellt

Alle anderen Bilder sind eigene Werke, Verwendung nur nach vorheriger Absprache unter info@dejayu.de.  

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