Detox ist in jedem Frühjahr das Schlagwort, mit dem wir angeregt werden sollen, Produkte zu kaufen, Fastentees zu trinken oder auch nur, um eine Kolumne zu lesen. Hier geht es mir um Schlamm, im Englischen „mud“ und die vielen verschiedenen Erscheinungsformen des Drecks. Darüber, wie man ihn auf der Haut anwenden kann, was Schlamm dort macht und ob man ihn auch selber herstellen kann. Darüber hinaus geht es um Balneotherapie und Geothermie.
Abbildung 1: Schild an den Champagne Pools in Wai-O-Tapu „Die Wissenschaft vom Schlamm“, Neuseeland. Hier wird beschrieben, woher das Wasser in diesen Schlammtümpeln kommt.
Schlamm und seine Erscheinungsformen
Schlamm wird definiert als „feuchter, breiiger Schmutz“ oder „schmierige, aufgeweichte Erde“. Am besten eignet sich für die Schlammherstellung Ton oder Lehm, also Bodensorten, die gut Wasser aufnehmen können.
Abbildung 2: Phasendiagramm vom Boden. Man unterscheidet aufgrund der Korngröße verschiedene Bodensorten: Ton, Schluff und Sand. Lehm ist eine Mischung aus diesen drei Bestandteilen. Rot eingekreist befindet sich die Zusammensetzung von Löß (1, 2).
Und Schlamm ist auch zu Hause in den geothermalen Gebieten dieser Erde und den entsprechenden Spas, die den Schlamm zu Heilzwecken anwenden (3). Schlamm ist also nicht irgendwie nur nasser Dreck, sondern enthält, abhängig von der Quelle, im Französischen „source“, auch etliche Mineralien. Mineralien werden die Salze genannt, die in den Quellen enthalten sind. Diese sind von hoher therapeutischer Bedeutung, ebenso wie die meist warme bis heiße Temperatur dieser Quellen.
Mineralische Zusammensetzung wichtiger heißer Quellen dieser Erde
Heiße Quellen sind die älteste Form des Bades, Heilbades oder auch Spas. In allen Gegenden, in denen es Erdspalten gibt, durch die heißes Wasser nach oben dringt, baden Menschen darin – oder auch Affen. Diesem Wasser, das meist auch einen kräftigen Schwefelwasserstoff Geruch hat, wird von alters her heilende Wirkung nachgesagt.
Tabelle: Chemische Analyse der Zusammensetzung des Heilwassers verschiedener Quellen. Diese sind über den ganzen Globus verteilt, häufen sich aber an den Rändern der tektonischen Platten. Das Tote Meer hat einen überaus hohen Salzgehalt (4), der bedingt, dass man darin nicht unter gehen kann. Weiterhin enthält es extrem viel Brom, das um das Tote Meer herum auch industriell gewonnen wird. Der hohe Salzgehalt und Brom sind für die meisten geothermalen Quellen aber unüblich. Eher ist es so, dass der Gehalt an Kieselsäure besonders hoch ist, wie z.B. in der Blauen Lagune auf Island (5). Aber auch interessante Spurenelemente können enthalten sein, wie Selen und Strontium in La Roche Posay (6), Frankreich oder Eisen, Mangan und Kupfer in Klaipeda, Litauen (7). In Neuseeland im Gebiet von Te Aroha (8) und in Peru in Tutupaca (9) gibt es gleich mehrere Quellen, die sehr unterschiedliche Zusammensetzung haben können. Sie sind reich an Bor und Lithium.
In geothermalen Quellen wird Wasser in großen Tiefen ultrahoch erhitzt und löst so aus dem umliegenden Gestein viele Mineralien. Die oberirdischen „Tümpel“ habe dann meist eine eigentümlich grüne Farbe, wie z.B. die Blaue Lagune auf Island. Es würde jetzt zu weit führen, alle Therapiequellen dieser Erde aufzuzählen, doch man kann sich ganz gut an den tektonischen Platten orientieren. An ihren Grenzen finden sich die meisten geothermalen Gebiete – und entsprechende Quellen (10).
Abbildung 3: Darstellung der tektonischen Platten. An ihren Rändern entstehen vermehrt Vulkanismus und geothermale Gebiete. Quelle Wikipedia (11)
Balneotherapie – Hydrotherapie und die Anwendung von Schlamm
Balneotherapie – die Badetherapie – wird wie die Akupunktur auch von vielen Schulmedizinern kritisch gesehen. Dennoch erzielt sie erwiesenermaßen große therapeutische Effekte (12 -15).
So hat Karl der Große seinen Alterssitz nicht umsonst in Aachen gewählt, da die dortigen heißen Quellen seine Rückenschmerzen linderten. Balneotherapie wird bei vielen Indikationen angewendet. Wichtige sind Gelenkschmerzen, Rheuma und Hauterkrankungen. L’Oréal, zu denen die Marke La Roche Posay mit der gleichnamigen Quelle gehört, beschreibt, dass durch die besondere Zusammensetzung des Wassers, es enthält viel Selen, eine besonders gute Wirkung bei Psoriasis zu erzielen ist (16).
Auch Schlamm gehört zur Balneotherapie und wird als wirksam erachtet bei allen möglichen Hauterkrankungen. Die Therapien in den verschiedenen geothermalen Zentren richten sich häufig gezielt an die Therapie von Psoriasis und Atopischer Dermatitis sowie Ekzemen und Juckreiz (6). Aber auch andere Erkrankungen wie Streß, Rheuma oder Fettleibigkeit werden behandelt (7, 17, 18).
Abbildung 4: Wai-O-Tapu Schlammlöcher mit geothermalem Wasser im Hintergrund
Von der Balneotherapie zu unterscheiden ist die Hydrotherapie, die man auch zu Hause unter der Dusche machen kann oder in machen Bädern, die Schwallduschen oder Wasserfälle anbieten (4, 19).
Schlamm selber machen?
Das sollte eigentlich ganz einfach sein, denn das Grundmaterial ist ja Ton, eine Bodenkomponente. Bekannte Tone sind Kaolin, der klassisch für Masken verwendet wird, sowie Montmorillonit (Bentonit) oder Heilerde. Alle werden als Detox-Agentien gerade schwer gehypt.
Heilerde selber ist ein Gemisch verschiedener geologischer Bestandteile und wird typischerweise aus Löß gewonnen (Löß: 10-25% Ton, 70-80% Schluff, <5% Sand). Dieser wird gemahlen, gereinigt und getrocknet. Als Pulver gibt es sie in jedem Drogeriemarkt.
Wenn etwas mehr Silizium dabei sein soll, kann man die Heilerde mit kolloidaler Kieselsäure an mischen. Dann muß man auch kein Wasser zugeben. Die ich verwendet habe ist laut Beipackzettel gefällte, amorphe Kieselsäure (20). Allerdings gilt biogene Kieselerde aus fossilen Kieselalgen als besonders vorteilhaft (21).
Abbildung 5: Die Ausgangssubstanzen für meine Maske: links Silica-Gel und rechts Heilerde.
Wie sehen kommerzielle Produkte aus?
Mit meiner selbst angemischten Schlammmaske vergleiche ich Mud Mask aus Roturoa, Neuseeland und Mud aus dem Toten Meer, Israel (Abbildung 7).
Abbildung 6: Vergleich der verschiedenen Schlämme: oben links Schlamm aus dem Toten Meer, oben rechts Schlammmaske aus Rotorua, unten meine Mischung
Die Heilerdemischung läßt sich auch in der Mikrowelle erwärmen und so warm auftragen. Die Verteilbarkeit ist etwas schwierig, da ja wirklich nur Heilerde, Silicea und Wasser enthalten sind. Sie trocknet auf der Haut schnell an, wird bröckelig und läßt sich problemlos mit Wasser und Handtuch entfernen.
Der Schlamm aus dem Toten Meer ist laut Verpackung ebenfalls frei von irgendwelchen Zusatzstoffen. Allerdings läßt er sich schlecht aus dem Beutel entnehmen und ist inhomogen. Überrascht war ich deswegen von der guten Verteilbarkeit auf der Gesichtshaut. Beim Trocknen spannt die Maske und wird bröselig. Beim Abwaschen intensiviert sich der typisch leicht schweflige Geruch.
Die fertige Schlammmaske aus Neuseeland dagegen läßt sich gut und vergleichsweise dünn auftragen, beim Trocknen entsteht allerdings ein kühlendes Gefühl. Dieses Produkt ist kein reiner Schlamm, sondern ein schon aufbereitetes Produkt, das zusätzlich Kaolin enthält sowie kosmetische Öle. Dennoch läßt sie sich hinterher wieder gut entfernen.
Alle drei Masken geben nach der Anwendung ein verfeinertes Hautbild. Für ein echtes Spa Feeling ist die Maske mit Schlamm aus dem Toten Meer aber am besten geeignet.
Abbildung7: Maske mit Schlamm aus dem Geothermie Gebiet von Roturoa, links und Schlamm aus dem Toten Meer, recht.
Mein Fazit: Das Wasser macht den Schlamm
Eine selbstgemachte oder auch gekaufte Maske kann ein Spa-Erlebnis nicht ersetzen, auch wenn die getesteten Masken ihren Zweck erfüllen und die Haut klären. Eines fehlt meistens, das echte Spa-Wasser. Dieses ist allenfalls noch im Schlamm aus dem Toten Meer enthalten, weder meine eigene Maske, noch das Produkt aus Neuseeland enthalten es.
Denn in den mineralischen Wässern der Heilquellen ist noch was ganz anderes los, nämlich eine jeweils sehr spezifische Zusammensetzung von thermophilen Bakterien und Algen (22, 23). Ihr therapeutischer Nutzen ist noch überhaupt nicht untersucht! Und kann deswegen nur vermutet werden. Auch lassen sie sich nicht mal so eben in eine Tüte füllen, um dann woanders ihren Dienst zu tun.
Mit Dreck heilen? Funktioniert, denn die Schlammpackungen halten Wärme gut und können so zur Entspannung und Entkrampfung beitragen. Ihre spezielle Zusammensetzung ist auch gut für die Haut und Heilquellen haben nachweislich einen (positiven) Einfluß auf das Mikrobiom der Haut. Dieses ist gerade für Psoriasis und Atopische Dermatitis schon untersucht (24-26).
Literaturstellen
(1) Uni Bayreuth: Boden
(2) Uni Münster: Boden
(3) Hellsgate – Neuseeland
(4) geothermalcommunities.eu: Balneology
(5) Wikipedia: Blaue Lagune
(6) Balneotherapy in Dermatology
(7) Researchgate: Geothermal waters for the rduction of stress
(8) Waikatoregion Neuseeland
(9) Geothermie Tutupaca Peru
(10) Wikipedia: Hot Springs
(11) Wikimedia Commons: Tectonic plates
(12) Researchgate: Balneotherapy in Hungaria
(13) Techniker Krankenkasse: Balneotherapie
(14) Researchgate: Geothermal Spas in Czech Republic and Slovakia
(15) dermveda.com: Balneotherapy
(16) JDD: Skin Microbiome in Patients With Psoriasis Before and After Balneotherapy at the Thermal Care Center of La Roche-Posay
(17) semanticscholar.org: The Effect of Geothermal Water on Skin Condition and Body Fat
(18) Researchgate: Sulfur Baths and Mud at the Dead Sea
(19) Wikipedia: Hydrotherapie
(20) Wikipedia: Kieselerde
(21) Silizium für die Gesundheit
(22) academic.oup.com: Microbial diversity of the blue lagoon425/531983
(23) semanticscholar.org: Mikroalgen
(24) Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology: Barrier function and microbiotic dysbiosis in atopic dermatitis
(25) Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology:Clinical efficacy of emollients in atopic dermatitis patients – relationship with the skin microbiota modification
(26) Biomedical Reports: Non‑pathogenic microflora of a spring water with regenerative properties
Weiterführende links
Blaue Lagune: https://www.geothermal-energy.org/pdf/IGAstandard/WGC/2010/3314.pdf
Geochemsitry: copper river alaska https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0016703789902706
Tourismus: https://teara.govt.nz/en/hot-springs-mud-pools-and-geysers/page-2
Schlammvukane:https://en.wikipedia.org/wiki/Mud_volcano
Bildnachweis
Abbildung 3, Quelle Wikipedia https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tectonic_plates.png
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