Wie kann man eigentlich Kosmetikverpackungen recyceln?

Was wäre, wenn wir Kosmetikverpackungen recyceln würden? Denn, ob Tube, Tiegel oder Flasche, wenn wir das Produkt aufgebraucht haben, wandert das Drumherum in den Müll. Glas, Alu, Plastik, plötzlich alles Müll (1)!

Tod durch Plastikmüll

„Houston wir haben ein Problem“! Aus dem All betrachtet stirbt unser Planet gerade den Plastikmüll-Tod. Während in einigen Apps noch immer Mikroplastik in Kosmetika gebashed wird, ist das eigentliche Problem das Makroplastik vulgo Verpackung. Diese landet überwiegend – trotz Grünem Punkt und Dualem System – auf Deponien oder gleich im Meer. Dort kann sie ziemlich lange „überleben“ wie der Fund einer Quarkverpackung aus der Tiefsee eindrucksvoll illustriert (2).

Da wäre es doch gut, wenn wir etwas tun könnten. Und da schaut man immer zuerst auf die VerbraucherInnen und dann auf die Kosmetik. Dabei ist Kosmetik vom Volumen und auch vom Umsatz her nicht die wichtigste Produktgruppe bei der Müllentstehung (3). Aber eben die mit dem höchsten emotionalen Wert und eigentlich verzichtbar.

Abbildung 1: Die Abfälle privater Haushalte teilen sich etwa zu gleichen Teilen auf in Hausmüll, Wertstoffe und organische Abfälle. Während Hausmüll in der Regel verbrannt wird und organische Abfälle zu Kompost verarbeitet werden können, ist die Wiederverwertung der sogenannten „Wertstoffe“ eher gering. Das statistische Bundesamt zeigt auch hier auf, dass nur ein Bruchteil wirklich wieder verwertet wird (4).

Dabei machen Hausmüll  – und damit unser Verpackungsmüll – nur einen Bruchteil des gesamten Müllaufkommens aus. Im Jahr 2015 kamen von 351,2 Millionen Tonnen Müll in Deutschland nur 51,6 Millionen Tonnen aus den Haushalten. Das sind knapp 15 % (5).

Kosmetikverpackungen – ein Materialmix ohne gleichen

Wenn wir von Plastik sprechen, reden wir ja nicht über EINEN Stoff, sondern über eine riesige Vielfalt an Kunststoffen. Diese werden in der Kosmetik dann häufig auch noch untereinander kombiniert oder mit anderen Materialien laminiert. Verbundwerkstoffe heißen die dann und finden sich beispielsweise in Zahnpastatuben (6, 7).

Außer dem Primärpackmittel, in dem die Rezeptur verpackt ist, gibt es häufig noch Umkartons, Blister und Folien (8). Für das Primärpackmittel werden in der Regel mehrere Materialien verwendet.  

So hat der Glastiegel einen Plastikdeckel, in dem ein Dichtungsmaterial eingebracht ist, die Aludose einen sogenannten Aufleger, der Glaszerstäuber ein Steigrohr aus Kunststoff und eine komplizierte Sprühvorrichtung mit Metall und Kunststoffen. Einfach ist anders.

Tabelle 1: Verschiedene gängige Verpackungsformate für Kosmetika. Ich betrachte hier nicht die Vielfalt an Make-up Verpackungen.
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Häufig werden dazu noch Folien kombiniert, die auf den Rand des Tiegels aufgeschweißt werden (9)

Dieses Vielstoffgemisch an Kunststoffsorten macht eine Wiederverwertung schwierig (10). Viel wäre also schon gewonnen, wenn diese Kunststoffe „standardisiert“ würden.

Kunststoffe wiederverwerten

Das Recycling von Verpackungen, also wie beim Mehrwegsystem, oder das Wiederverwenden der Rohstoffe, aus denen sie gemacht sind, sind Möglichkeiten der Müllvermeidung.

Abbildung 2: Mögliche Wege zur Wiederverwendungen von Kunststoffmaterialien. Alle werden unter „Recycling“ geführt, beruhen aber auf völlig unterschiedlichen Strategien. Punkte 1-5 gelten als „green“. Punkt 6, die „thermische Verwendung“, gilt zwar auch als Wiederverwendung, ist aber eigentlich kein Recyclieren, da das Produkt durch die Verbrennung dem Kreislauf entzogen wird.

Punkt 1: Die Wiederverwendung des Primärpackmittels. Die funktioniert z.B. super bei Bierflaschen sowie bei Wasserflaschen aus Glas wie aus Kunststoff. Das Mehrwegsystem ginge theoretisch auch bei Kosmetika.  Allerdings scheint uns der Gesetzgeber eine hygienisch einwandfreie Bereitstellung des Packmittels nicht zuzutrauen und blockiert (11).  

Weiterhin werden viele Kosmetika maschinell abgefüllt und verpackt, die Wiederverwendung des Packmittels ist dabei nicht vorgesehen und kann derzeit nicht in den Prozess integriert werden.

Punkt 2: Die Wiederverwendung der eingesetzten Komponenten. Das Recycling der eingesetzten Materialien funktioniert nur dann, wenn es sich um reine Plastiksorten handelt. Das  Vor-Sortieren wird überwiegend technisch gemacht, aber eigentlich sollten die VerbraucherInnen schon vorarbeiten (12). Dafür reichen aber meistens die Kennzeichnung und die Ressourcen nicht aus. Die Wiederverwendung der Komponenten funktioniert derzeit nur für PET (aus Flaschen) (13).

Punkte 3-5: Die Umwandlung des Kunststoffes in die Ausgangskomponenten (Depolymerisieren). Das kann mehrstufig passieren, ist aber eine Energie intensive Angelegenheit. Dennoch werden von den großen Chemieunternehmen die Möglichkeiten untersucht (14).

Wie wir Kosmetikverpackungen recyceln können

Natürlich könnten wir zum Zwecke der Müllvermeidung komplett auf den Kauf von Kosmetikprodukten  verzichten. Viele VerbraucherInnen tun das bereits. Wenn wir Kosmetikverpackungen recyceln wollen, wäre es sinnvoll, zunächst das Packmittel wieder zu verwenden. Das könnte viele Male geschehen, bis das Packmittel unbrauchbar geworden ist und dann unterschiedlichen Wiederverwertungssytemen zugeführt werden kann. Das geht aber leider noch nicht. Die Frauenzeitschrift Brigitte kritisiert die mangelnde Umsetzung durch die Industrie (15).

Bei Haushaltsreinigern allerdings (flüssige Waschmittel, Spüli und Co) haben die Firma Henkel und der Drogeriemarkt Rossmann dazu Abfüllstationen untersucht (16) wie in Unverpackt-Läden. Allerdings nicht in Deutschland, sondern in Österreich.

Dagegen wirbt die Firma Frosch damit,  ihre Packmittel aus recyceltem Altplastik herzustellen (17). Auf  die Frage von Usern zu Abfüllstationen, behauptet die Firma, sie wären unhygienisch und beim Pfandsystem verweisen sie auf fehlende gesetzliche Regellungen (18).

Das zeigt sehr deutlich, dass die relevanten „Vermüller“ nicht wir VerbraucherInnen sind. Und es zeigt auch einen unsäglichen Trend in der Politik, dass sie die Dinge, die sie nicht gebacken kriegt, auf uns BürgerInnen abwälzt. Die Selbstverpflichtung der Hersteller bis 2025 mehr zu recyceln wirkt da nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein (19) und, wenn man die Aussagen von Frosch gelesen hat,  auch unglaubwürdig.

Natürlich macht es Sinn, sein eigenes Konsumverhalten zu hinterfragen und Dinge im Kleinen zu ändern. Darin sehe ich aber nur den Anfang. Doch nur, wenn wir Maßnahmen von der Politik einfordern, wird sich etwas ändern.   

Literaturstellen

(1) Scientific Advances (2017) Production, use, and fate of all plastics ever made
(2) Spiegel: Plastik in der Tiefsee
(3) destatis.de: Abfallbilanz.
(4) destatis.de: Abfallwirtschaft
(5) BMU: Abfallaufkommen.
(6) labelprint24.com: BLOG
(7) Interpack: Kosmetikverpackungen recyceln
(8) Pinkmelon: Von der Alutube zur Mogelverpackung
(9) Neue Verpackung: Verschlüsse
(10) Verbraucherzentrale: Gefahren für die Umwelt: Plastik
(11) Pinkmelon: Weihnachten unverpackt
(12) Grüner Punkt: Mülltrennung
(13) petrecycling.ch: PET Kreislauf
(14) BASF: Chemcycling
(15) Brigitte: Kosmetikverpackung recyclen  
(16) Ruhr24: Rossmann testet Abfuellstationen
(17)  Frosch Initiative
(18) Frosch.de: FAQ
(19) ec.europa.eu: recycelte Kunststoffe

Bildnachweis

Titelbild: Shutterstock ID 369753665, Urheber: Nagy-Bagoly Arpad

Feuerdarstellung in Abbildung 2: https://de.cleanpng.com/png-bfita3/

Alle anderen Abbildungen sind eigene Werke, Nutzung unter der Creative Commons Lizenz CC BY-SA 3.0

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