Boswelliasäuren – Wirkstoffe in der Hautpflege

Dieser Artikel nimmt Euch mit auf eine spannende Reise in die Welt der Boswelliasäuren. Es geht dabei um eine altbekannte Substanz, einen sogenannten phytotherapeutischen Wirkstoff. Dieser wird aus Weihrauch gewonnen.  Ich beleuchte hier seine biochemischen Eigenschaften bis hin zu seinen vielfältigen Vorteilen in der Medizin und der corneotherapeutischen Hautpflege. Dabei ist folgendes zu bemerken: Wir sprechen hier über einen Wirkstoff, dessen Gewinnung nur in Teilen  standardisiert ist. Seine Wirkweise wird üblicherweise mittels in vitro Untersuchungen oder am Tier ermittelt.  In der Kosmetik erfolgen Untersuchungen aber am Menschen.
Kommt mit auf die spannende Untersuchung der Boswelliasäuren und dem Weihrauchextrakt und beantwortet am Ende mit mir die Frage, ob die Pharmakologie Recht hat, Boswellisäuren als die wirksamen Substanzen des Weihrauchs zu klassifizieren.

Woher kommen Boswelliasäuren?

Boswelliasäuren werden als die pharmakologischen Wirksubstanzen des Weihrauchs angesehen. Ihre Wirkweise wurde schon vor über 30 Jahren untersucht (1). Weihrauch selbst zählt zu den ältesten bekannten Heil- und Räuchermitteln. Als aromatisches Harz wird er traditionell zum Räuchern verwendet und war eines der Geschenke der Heiligen Drei Könige bei der Geburt Jesu. Bis heute hat er einen festen Platz in kirchlichen Ritualen, der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), im Ayurveda und in der Aromatherapie. Weihrauch ist ein Baumharz, das – ähnlich wie Gummi Arabicum – durch Anritzen der Rinde gewonnen wird. Seit alters her gilt er als besonders wertvoll.

Die Weihrauchbäume wachsen in bestimmten Regionen Afrikas (Somalia, Äthiopien, Eritrea, Sudan), Arabiens (Oman, Jemen) sowie in Indien. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist vor allem der indische Weihrauch, botanisch Boswellia serrata.

Bestandteile des Weihrauch Harzes

Die verschiedenen Weihrauchsorten unterscheiden sich naturgemäß etwas in ihrer Zusammensetzung, die dann zusätzlich noch von klimatischen Verhältnissen beeinflusst wird. Hier referenziere ich auf den wirtschaftlich am wichtigsten Weihrauch B. serrata. Er besteht hauptsächlich aus Harzen, ätherischen Ölen, Schleimstoffen (Polysaccharide) und Proteinen (2, 3). 

Tabelle: Bestandteile des Weihrauchs: Boswelliasäuren sind neben den Lupansäuren und den Tirucallensäuren Bestandteile des Harzes.

Als pharmakologisch relevante Inhaltsstoffe der Harzfraktion gelten die Boswelliasäuren.  Von diesen werden die  11-Keto-β-Boswelliasäure (KBA) und Acetyl-11-Keto-β-Boswelliasäure (AKBA) auch in der Monographie des indischen Weihrauchs in der  European Pharmacopoiea 6.0 als Marker ausgewählt, um die Qualität des luftgetrockneten Gummiharz-Exudats von B. serrata zu gewährleisten (4).

Abbildung 1: Boswelliasäuren chemische Struktur, sie gehören zu den pentacyclischen Triterpenen

Medizinische Wirkspektren von Boswelliasäuren

In der Literatur wird den Boswelliasäuren ein breites Spektrum biologischer Aktivitäten zugeschrieben (5): entzündungshemmende, anti-arthritische, antirheumatische, durchfallhemmende, antihyperlipidämische, antiasthmatische, und antimikrobielle, schmerzlindernde, sowie auch antitumorale Effekte (6). Dieses weite Wirkspektrum hat zu einer verstärkten Aufmerksamkeit in der biomedizinischen Forschung geführt. Boswelliasäuren  werden schwerpunktmäßig zur Behandlung akuter und chronischer Entzündungskrankheiten eingesetzt (7).

Dazu werden üblicherweise Weihrauchextrakte zur Unterstützung der Therapie verwendet. Diese Erkrankungen sind häufig chronischer Art wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Asthma bronchiale oder Rheumatoide Arthritis (8).

Neben den chronisch entzündlichen Krankheuten werden zunehmend Untersuchungen zu neurologischen Leiden durchgeführt. Im Fokus stehen Neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Migräne, Alzheimer (9)  oder Parkinson (10).

Im experimentellen Stadium ist der Einsatz bei dem Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS) (11), das viele junge Menschen nach Corona-Infektionen bzw der Impfung dagegen betrifft. ME/CFS wird u. a. mit chronischer Neuroinflammation, Mikroglia-Aktivierung und oxidativem Stress in Verbindung gebracht (12).

Ein wesentlicher Punkt ist jedoch, dass die meisten dieser Befunde nicht aus klinischen Studien stammen, sondern aus in vitro-Experimenten oder aus Tiermodellen. Solche Untersuchungen sind für die Aufklärung möglicher Wirkmechanismen unverzichtbar, lassen aber nur begrenzt Rückschlüsse auf die Wirksamkeit am Menschen zu.
Das Bild, das sich damit ergibt, ist von einem deutlichen Gegensatz geprägt: Einerseits wird Boswelliasäuren ein sehr breites pharmakologisches Potenzial zugeschrieben, andererseits sind systematische Untersuchungen der Wirksamkeit selten.

Illustration der biochemischen Wirksamkeit von Boswelliasäuren am Beispiel Rheumatoide Arthritis

Abbildung 2: Wirkmechanismen von Boswelliasäure bei rheumatoider Arthritis. Illustriert sind hier die die Signalwege und molekularen Ziele der  3-Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure (AKBA). Der wichtigste Einfluß ist die Hemmung der 5-Lipoxygenase (5-LOX), die über die Bildung von Leukotrienen proinflammatorisch wirkt. Über die Modulation des NF-κB  Signalwegs hemmt sie die Bildung von Matrix Metalloproteinasen (MMP) und schützt so den Knorpel.  Nachteil der bisherigen Studien sind das Tiermodell und eine künstlich erzeugte Arthritis (8).

Weihrauchextrakte

In der überwiegenden Zahl der Arbeiten wird mit Weihrauchextrakten gearbeitet, die neben Boswelliasäuren zahlreiche weitere Inhaltsstoffe enthalten. Die Zusammensetzung solcher Extrakte ist nicht einheitlich, sondern variiert je nach Herkunft, Aufbereitung und Standardisierung. Dadurch ist schwer zu beurteilen, ob beobachtete Effekte auf einzelne Boswelliasäuren zurückzuführen sind oder ob andere Bestandteile – beziehungsweise Kombinationen – eine Rolle spielen.

Eine zielgenaue Zuordnung von Wirkstoff und Wirkung ist damit nicht einfach. Zudem ist die Trennung der verschiedenen Boswelliasäuren aufwändig und noch nicht im großen Stile möglich (3). 

Typischerweise werden für die Extraktion der Boswelliasäuren Methanol/Ethanol  oder CO2 verwendet. Die so gewonnenen Extrakte enthalten  20-40 % bzw. 25-55 % Boswelliasäuren . Terpene spielen in der Spezifikation nur eine untergeordnete Rolle, da zu deren Extraktion üblicherweise eine Wasserdampfdestillation vorgenommen wird.

Boswelliasäuren in der Kosmetik

Während bei medizinischen Anwendungen eher die orale Gabe von Weihrauchextrakten Standard ist, ist es in der Kosmetik die Anwendung auf der Haut. Gut dokumentiert ist  der Einsatz bei Zahnfleischentzündungen oder bei entzündlichen Hauterkrankungen (13, 14). Eine Untersuchung an Psoriasis und ekzematöser Haut zeigten eine signifikante Wirksamkeit der Boswelliasäuren (15).

Weiter erfolgt der Einsatz in Präparaten gegen unreine Haut, Akne, bei empfindlicher Haut, zur Reduktion von Rötungen und Reizungen und um Zeichen der Hautalterung zu mildern.

Kritische Betrachtung der Studien

Während des Schreibens dieses Beitrages habe ich mich schon gefragt, wie sinnvoll eine Aufzählung von Hautzuständen sein kann, bei denen Weihrauch / Boswelliasäuren hilfreich sind. Es sind überwiegend entzündliche Hautgeschehen, aber auch Situationen, in denen eine antimikrobielle Wirksamkeit hilfreich ist. Ich tue mich nach den Recherchen zu diesem Artikel schwer, dies alles allein auf die Boswelliasäuren zurück zu führen. Ich sehe die Wirksamkeit von Weihrauchextraketen eher in der vielfältigen Zusammensetzung von (bekannten) wirksamen Terpenen, Polysacchariden mit den Boswelliasäuren. Ganz ähnlich wie es bei der Wirksamkeit von Cannabisextrakten ist. Wir wissen aus anderen Untersuchungen vor allen im Bereich der Aromatherapie, dass Terpene überaus wirksame Substanzen sind.

Für uns Verbraucherinnen ist auf kosmetischen Produkten zudem nicht erkennbar, welcher Art die Weihrauchextrakte sind.

Weihrauch – wie duftet die Zukunft?

Der Markt für Weihrauchprodukte brummt, dabei werden Wachstumsraten von bis zu 5%/ Jahr prognostiziert. Dabei sind die Treiber des Wachstums Nahrungsergänzungsmittel, die auch als sogenannte Nutraceuticals immer größeren Zuspruch finden. Doch auch in den anderen Bereichen wie Kosmetika, Arzneimittel und Lebensmittel sind nicht zu vernachlässigen.
Die Größe des Marktes für Weihrauch betrug  2023 3,78 Mrd USD, es wird geschätzt, dass er bis 2032 auf 10,5 Mrd USD wächst.

Bei allem Hype: Weihrauch kommt von einem Baum, der nur in speziellen Gebieten dieser Erde wächst. Das „Ernten“ des Harzes ist mit der Verletzung der Rinde verbunden und kann also nicht dauerhaft durchgeführt werden, ohne den Baum zu schädigen. Der Klimawandel gefährdet die Bestände zusätzlich .

Der Einsatz von synthetischen Boswelliasäuren wäre hier sinnvoll, nicht nur um die wertvollen Bestände der Weihrauchbäume zu schonen, sondern um den klaren Nachweis der Wirksamkeit dieser Substanz zu erbringen.

Literatur

(1) Safayhi H, Mack T, Sabieraj J, Anazodo MI, Subramanian LR, Ammon HP. Boswellic acids: novel, specific, nonredox inhibitors of 5-lipoxygenase. J Pharmacol Exp Ther. 1992 Jun;261(3):1143-6. PMID: 1602379. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1602379/

(2) Chrubasik-Hausmann S, Weihrauch (2021)  https://www.uniklinik-freiburg.de/fileadmin/mediapool/08_institute/rechtsmedizin/pdf/Addenda/Paper_21-01/Weihrauch.pdf

(3) Kosolapov D, Jáč P, Riasová P, Poušková J, Polášek M, Nováková L (2024). Advances and Challenges in the Analysis of Boswellic Acids by Separation Methods. Critical Reviews in Analytical Chemistry, 55(4), 748–774. https://doi.org/10.1080/10408347.2024.2312502 https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10408347.2024.2312502

(4) Abdel-Tawab M, Werz O  Schubert-Zsilavecz M. Boswellia serrata. Clin Pharmacokinet 50, 349–369 (2011). https://doi.org/10.2165/11586800-000000000-00000 https://link.springer.com/article/10.2165/11586800-000000000-00000.

(5) Siddiqui MZ. Boswellia serrata, a potential antiinflammatory agent: an overview. Indian J Pharm Sci. 2011 May;73(3):255-61. doi: 10.4103/0250-474X.93507. PMID: 22457547; PMCID: PMC3309643. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3309643/

(6) Iram F, Alam Khan S, Husain A, Phytochemistry and potential therapeutic actions of Boswellic acids: A mini-review, Asian Pacific Journal of Tropical Biomedicine, Volume 7, Issue 6, 2017, Pages 513-523, ISSN 2221-1691, https://doi.org/10.1016/j.apjtb.2017.05.001. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2221169117304914

(7) Solanki N, Gupta G, Chellappan DK,  Singh SK, Gulati M,  Paudel KR, Hansbro PM, Dua K, Bhan S, Saini M,  Dureja H, Boswellic Acids: A Critical Appraisal of Their Therapeutic and Nutritional Benefits in Chronic Inflammatory Diseases, (2024), Endocrine, Metabolic & Immune Disorders-Drug Targets, Volume 24, Issue 1, Jan 2024, p. 116 – 129 https://www.benthamdirect.com/content/journals/emiddt/10.2174/1871530323666230512154634

(8) Priya S, Singhvi G. (2023) Insights into the anti-inflammatory and anti-arthritic potential of 3-Acetyl-11-keto-β-Boswellic Acid as a therapeutic approach in Rheumatoid Arthritis. Expert Opinion on Investigational Drugs, 32(10), 867–871. https://doi.org/10.1080/13543784.2023.2269838 https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/13543784.2023.2269838?src=recsys

(9) Karima S, Aghamollaii V, Mahmoodi Baram S, et al. Boswellic Acids Improve Clinical Cognitive Scores and Reduce Systemic Inflammation in Patients with Mild to Moderate Alzheimer’s Disease. Journal of Alzheimer’s Disease. 2023;94(1):359-370. doi:10.3233/JAD-221026 https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.3233/JAD-221026

(10) Rajabian A, Sadeghnia H, Fanoudi S, Hosseini A. Genus Boswellia as a new candidate for neurodegenerative disorders. Iran J Basic Med Sci. 2020 Mar;23(3):277-286. doi: 10.22038/IJBMS.2020.35288.8419. PMID: 32440312; PMCID: PMC7229515. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7229515/

(11) Donovan EK, Kekes-Szabo S, Lin JC, Massey RL, Cobb JD, Hodgin KS, Ness TJ, Hangee-Bauer C, Younger JW. A Placebo-Controlled, Pseudo-Randomized, Crossover Trial of Botanical Agents for Gulf War Illness: Curcumin (Curcuma longa), Boswellia (Boswellia serrata), and French Maritime Pine Bark (Pinus pinaster). International Journal of Environmental Research and Public Health. 2021; 18(5):2468. https://doi.org/10.3390/ijerph18052468  https://www.mdpi.com/1660-4601/18/5/2468

(12) Siddiqui A, Shah Z, Jahan RN, Othman, I, Kumari Y. (2021) Mechanistic role of boswellic acids in Alzheimer’s disease: Emphasis on anti-inflammatory properties, Biomedicine & Pharmacotherapy, Volume 144, 112250, ISSN 0753-3322, https://doi.org/10.1016/j.biopha.2021.112250. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0753332221010349

 (13) Lautenschläger H, Weihrauch  Harz mit Heilkraft (2015) Beauty Forum Vol 4, 12-16, https://dermaviduals.de/deutsch/publikationen/spezielle-wirkstoffe/weihrauch-harz-mit-heilkraft.html

(14) Tsai Y-C, Chang H-H, Chou S-C, Chu TW, Hsu Y-J, Hsiao C-Y, Lo Y-H, Wu N-L, Chang D-C, Hung C-F. Evaluation of the Anti-Atopic Dermatitis Effects of α-Boswellic Acid on Tnf-α/Ifn-γ-Stimulated HaCat Cells and DNCB-Induced BALB/c Mice. International Journal of Molecular Sciences. 2022; 23(17):9863. https://doi.org/10.3390/ijms23179863  https://www.mdpi.com/1422-0067/23/17/9863   

(15) Togni, S., Maramaldi, G., Di Pierro, F., & Biondi, M. (2014). A cosmeceutical formulation based on boswellic acids for the treatment of erythematous eczema and psoriasis. Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology, 7, 321–327. https://doi.org/10.2147/CCID.S69240 https://www.tandfonline.com/doi/full/10.2147/CCID.S69240#d1e542

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