Manche Trends kommen unvorhergesehen, wie Clean Beauty. Hatten wir gerade noch den großen Run auf Natürlichkeit und 100% Bio, ist „clean“ der neue Slogan, unter dem sich Kosmetik jetzt präsentiert. Aber Clean Beauty? Wie sauber ist das eigentlich?
Klimawandel, Naturschutz und das Hinterfragen unserer Verbrauchergewohnheiten
Natürlich gibt es immer noch Leute, die den Klimawandel nicht wahr haben wollen. Die letzten drei Sommer haben uns aber eindrücklich vor Augen geführt, dass wir daran nicht mehr vorbei kommen. Außer der Veränderung des Klimas, drängen aber auch andere Themen in unsern Alltag: die Vermüllung der Welt mit Plastik (1), die notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft, der Mobilität und in unserem Konsumverhalten (2).
Alle diese Themen werden auch unser Miteinander drastisch verändern und müssen vor allem sofort und gleichzeitig angegangen werden. Und wie üblich stehen dabei Kosmetika (und diesmal auch Haushaltsreiniger) im Vordergrund.
Clean, was ist das?
Ist Clean Beauty jetzt die Steigerung von Naturkosmetik? Eine Variante der „clean eating“ Bewegung? Oder einfach nur eine Verbesserung der „Sicherheit“ von Kosmetika? Im gewissen Sinne alles.
Aber es hier, wie bei vielen Trends, dass sie erst mal verwendet werden, um das Bestehende anders zu bewerben. Zu Deutsch: Augenwischerei. So sagt z.B. die Washington Post: Es geht darum, worauf man sich einigt, was Clean Beauty ist (3). Natürlich, denn das Segment „Clean“ ist ein wirtschaftlich hoch interessantes, wuchs es doch im US-Prestige Markt im Jahr 2019 um 39%. Dort stand dabei die Sicherheit der eingesetzten Rohstoffe im Vordergrund. Bei einem derartigen Wachstum darf man sich allerdings nicht wundern, wenn viele daran verdienen wollen. Sogar Hersteller wie BASF hosten webinare, um sich über Clean Skin auszutauschen (4). Dabei wird deutlich, dass unter „Clean“ in den USA etwas anders verstanden wird als in Europa.
Die große Modezeitschrift Vogue, Großbritannien sagt dazu: „Clean beauty is still open to interpretation.“ Und verweist auf Marketing Claims wie „natürlich“, „grün“, „clean“, „hypoallergen“. Sorry, das ist leider nichts. Genauso wenig geeignet ist „pflanzenbasiert” oder „chemical-free” (5).
Abbildung 1: Gegenüberstellung der derzeitigen Anforderungen an Naturkosmetik und Clean Beauty Produkte
Clean Beauty ehrlich nachhaltig?
Während Naturkosmetik (6) zum Thema hat, dass das, was mit unserer Haut in Kontakt kommt, natürlichen und pflanzlichen Ursprungs sein soll, geht Clean Beauty – zumindest in Europa – jetzt auch das Thema an, was davon wir wieder durch die Leitungen spülen. Den Müll, die Umwelt nach dem Verwenden des Produktes. Eigentlich. Ein Ansatz dabei ist es also, möglichst wenige Inhaltsstoffe zu verwenden und ich auf den Nutzen des Produktes zu konzentrieren. „Back to the basics“ titelt dabei das internationale Magazin „Cosmetic & Toiletries“, das für die Kosmetikhersteller wichtige Marktinformationen veröffentlicht (7). Dem schließt sich sogar der sonst so kritische Blog von Codecheck an (8). Und Deutschlands wohl wichtigste Frauenzeitschrift titelte: „Drei Dinge, die jeder über Clean Beauty wissen sollte“ (9).
Während also in den üblichen Medien die schon bekannten und kritisch hinterfragten Inhaltsstoffe diskutiert werden, sind es die Start-ups, die den Schritt weiter gehen. Kosmetik und Haushaltsreiniger unter klimaneutralen Bedingungen herzustellen und ihre Anwendung umweltfreundlich zu gestalten (10).
Das geht von der Gewinnung der Rohstoffe (nachhaltig und klimaneutral) über die Herstellung und Abfüllung (möglichst lokal, Energie effizient und mit wiederverwendbarer Verpackung) zur Verwendung und Wirksamkeit (wie bisher, aber besser bio-abbaubar).
Abbildung 2: Relevante Parameter für die Formulierung von Clean Beauty Produkten
Clean Beauty die ökologische Lösung?
Bei der Naturkosmetik war es eigentlich auch so: Es gab ein paar kleinere Unternehmen, die sich „Natur“ ins Firmenprofil geschrieben haben und damit den Markt aufgerollt haben. Heute kommt kein Kosmetikhersteller darum herum, zu deklarieren, wie viel Natur in seinen Produkten ist.
Den Schritt weiter gehen jetzt Start-ups, die ihre “Clean Beauty” Ideen über Social Media Kanäle vorstellen, Geld sourcen und die Produkte dann vermarkten (10, 11). Sie sind klein und wendig, haben keinen großen Überbau und reagieren somit direkt darauf, was nötig ist. Und sie können sich dabei auf ein kleines Sortiment konzentrieren, das dann wirklich den ökologischen Forderungen von heute entspricht.
Sicherlich sind die kleinen Start-ups noch nicht die endgültige Lösung, aber wichtige Schritte in die richtige Richtung. Dieser können sich dann auch die „Großen“ nicht mehr verschließen. Wir müssen sie nur unterstützen ;-).
Literatur
(1) DejaYu: Wie kann man Kosmetikverpackungen recyceln?
(2) Pinkmelon: Macht Kosum glücklich?
(3) Washington Post: Clean Beauty has taken over the Cosmetic Industry
(4) BASF-US: simple, clean formulas
(5) Vogue UK: Clean Beauty Guide
(6) DejaYu: Naturkosmetik und die Bio-Lüge
(7) Cosmetics&Toiletries: Crafting Clean Beauty
(8) Codecheck: Die Clean Beauty Bewegung
(9) Brigitte: Drei Dinge die jeder über Clean Beautyy wissen sollte
(10) Startnext.com; As easy as that
(11) Univarsolutions: Clean by Design Kit
Bildnachweise
Alle Abbildungen sind eigene Werke, Nutzung unter der Creative Commons Lizenz CC BY-SA 3.0
Bei der Darstellung der Seifenblasen habe ich clip-art von Microsoft „soap bubbles“ verwendet. http://insertmedia.office.microsoft.com
Danke für diesen tollen Blog. War sehr interessant zu lesen.