Wasserfrei ist im Sinne einer nachhaltigeren Körperreinigung das Nonplusultra. Ob Seife, Syndet oder Shampoo Bar: feste Reinigungsmittel sind gerade der Knaller. Denn, wenn kein Wasser im Produkt ist, ist es kleiner, leichter und kann sogar in Papier verpackt werden. Die Transportkosten sinken und selbst im Flieger darf es ins Handgepäck ;-).
Wasserfrei geht durch die Decke
Hier geht grade echt was durch die Decke. Etwas, über das vor ein paar Jahren viele noch gelächelt und es allenfalls im DIY Bereich angesiedelt haben. Feste Reinigungsmittel: Seifen-Syndets-Shampoo-Bars. Jetzt – vielleicht auch wegen der Corona Krise – feiern sie ein SEHR nachhaltiges Come-back. Wasserfreie Kosmetik boomt.
Wasserfrei: Reinigung wie selbstgemacht
Die Zeit der Akkuratesse ist vorbei. Man darf sehen, dass Schweiß an der Entstehung des guten Stücks beteiligt war: Shampoo-Bars, Syndets oder Seifenstücke sehen häufig aus wie handgemacht und haben runde, organische Formen. Vorreiter dieser Produkte war übrigens die Firma Lush (2), die schon seit vielen Jahren feste Reinigungsprodukte unverpackt anbietet. Jetzt gingen sie sogar für eine Kampagne so weit, dass sich die MitarbeiterInnen auszogen (3).
Es gibt im Netz etliche Videos, die zeigen, wie man ein Shampoobar selber herstellen kann.
Syndets und der pH-Wert
Dennoch, auch früher gab es sie schon, feste Reinigungsprodukte und wasserfrei. Doch fristeten sie ein tristes Dasein als „Waschstück“ oder etwas moderner „Syndet“. Das Wort Syndet leitet sich übrigens aus synthetische Detergentien her. Denn im Gegensatz zur Seife (5) , in der sicher natürliche Öle verwendet werden, waren die Syndets damals modern. Sie wurden schon in den 50iger Jahren des vorherigen Jahrhunderts entwickelt. Zunächst wurden sie in der Wäschepflege eingesetzt, dann aber schnell auch zur Pflege kranker Haut (6). Sie enthalten synthetisch hergestellte Tenside, die in der Regel eine höhere Reinigungsleistung haben als Seife.
Trotzdem, einen ganz wichtigen Punkt adressierten sie: den pH-Wert der Haut. Da Seifen immer einen leicht alkalischen pH-Wert haben, stehen sie in dem Ruf, schlechter für die Haut zu sein. Für Haare sogar unbrauchbar. Denn bei Haaren ist die Schuppenschicht, die Cuticula, wichtig für den Glanz (7). Und die Haarschüppchen legen sich bei niedrigem pH besser an (weswegen sie man auch gerne mit Essig spült). Syndets muss man in der Drogerie ziemlich suchen, so habe ich mich nach dem Syndet Klassiker umgesehen von sebamed. 150g kosten 1,95 € und sind damit deutlich günstiger als Shampoo-Bars. Nur Seife gibt’s billiger.
Sulfat-frei und sauber wird’s auch
Ich habe mich in dem letzten Jahr schon sehr gewundert, warum mein Artikel über „Sulfat frei“ (8) so stark frequentiert wurde – jetzt weiß ich es: es ging um SCI – Natrium Cocoyl Isethionate, denn das ist das „magic ingredient“ für viele wasserfreie Reinigungsprodukte. Nicht verwechseln mit Natrium Cocoyl-Sulfate (9)!, das ganz ähnlich wie SLS zusammen gesetzt ist, aber genial gut schäumt. Es ist das einzige Tensid in den Produkten von Lush und wird in Kombination bei Nivea und Garnier eingesetzt.
SCI –das neue Schaumvergnügen
Natrium Cocoyl Isethionate (abgekürzt SCI) ist ein Feststoff (11), der sich leicht dosieren (sieht man im Video 1) und auch schmelzen lässt. Allerdings staubt er ziemlich, weswegen eine Maske und Brille empfehlenswert sind. Viele Shampoo-Bars sind deswegen nicht handgeformt, sondern gegossen. 😉 (12, 13).
SCI aber ist das neue Tensid, das auch von der Hautverträglichkeit besser abschneidet als sulfathaltige Tenside. Also alles in allem viele gute Gründe, mal mit einem Syndet zu waschen, statt mit Shampoo aus der Flasche (14).
Wasserfrei: demnächst komplett in der Dusche?
Viele feste Reinigungsprodukte werben damit, dass sie genau so effektiv reinigen wie zwei Flaschen herkömmlichen Shampoos. Bis zu 60 Haarwäschen sollen mit einem festen Shampoo möglich sein (15) Der Verbrauch ist aber individuell sehr verschieden und ich kann das derzeit so nicht bestätigen. Wer aber eine Sparfüchsin ist, hat vielleicht sowieso schon auf Seife umgestellt. Und auch die Waschstücke reinigen übrigens nicht nur die Haut, sondern auch die Haare. So lassen sich dann insgesamt die Produkte in der Dusche reduzieren und alles vereinfachen. Das ist dann wieder interessant für die Männer. Probiert’s doch einfach mal aus!
Neueste Entwicklungen auf dem Markt zeigen, dass die Reise exakt dorthin geht: Nivea bewirbt jetzt eine feste Gesichtsreinigung (16), den Magic Bar. Vom Gesicht bis zum Rest des Körpers ist es nur noch ein kurzer Weg, wie es auch von Shenja in ihrem Video beschrieben.
Literatur:
(1) IKW Marktzahlen
(2) LUSH
(3) Naked Kampagne
(4) DejaYu: Shampoo-Bit
(5) DejaYu: Seife
(6) Hautreinigung mit Syndets: Chemische, ökologische und klinische Aspekte, Braun-Falco, Korting Ed. 2013
(7) Pinkmelon: Glänzend schönes Haar
(8) DejaYu: Seidige Nährpflege ohne Sulfate
(9) Nypronos: SCI
(10) DejaYu: Ätherische Öle kombinieren
(11) PRnewswire
(12) UL Prospector: Shampoo
(13) The formulators lab
(14) Safety Assessment
(15) ARD Buffet vom 03.11.2020
(16) Nivea: magic bar Gesichtsreinigung
Bildnachweise:
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